Die Entstehung der Sprachbarriere und ihre Folgen
In ein Land zu migrieren, dessen Sprache man nicht spricht, erzeugt zwangsläufig einen gewissen Aufwand. So müssen beispielsweise Dinge des täglichen Lebens bewältigt oder Behördengänge durchgeführt werden. Die Unkenntnis der Landessprache führt zudem dazu, dass zur Bewerkstelligung der oben genannten Aufgaben Bewältigungs- und Problemlösungsstrategien erarbeitet und umgesetzt werden müssen. Durch die Prägung des heutigen Alltags durch das Internet ergibt sich hier mit dem Netz ein weites Feld, das es sprachlich zu durchdringen gilt. Starke Zuwanderungsbewegungen nach Deutschland haben die demographische Struktur in jüngster Zeit sichtbar verändert.

Migration spielte in der deutschen Geschichte eine stets unterschiedliche Rolle. Insbesondere seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts sind große grenzüberschreitende Migrationsbewegungen nach Deutschland zu verzeichnen. Beispielhaft dafür stehen die Anwerbung von “Gastarbeiter:innen” (1955-1973) oder der starke Anstieg von Asylbewerber:innen seit dem Jahr 2015. Kamen vor mehr als 50 Jahren Zugewanderte vor allem aus Italien, dem damaligen Jugoslawien und der Türkei, so bilden heute arabischsprachige Staaten (vor allem Syrien und der Irak) die wichtigsten Herkunftsländer von Migrant:innen. Dies wirkt sich auch im lokalen Kontext auf die demographische Zusammensetzung der Bevölkerung aus.
In Bochum lebten nach Angaben der städtischen Statistikstelle im Jahr 2020 370.899 Menschen. Davon hatten 23,9 % einen sogenannten Migrationshintergrund”. Der Begriff des Migrationshintergrundes ist nicht einheitlich definiert. Wir beziehen uns hier auf die Definition des Statistischen Bundesamtes in der Fassung von 2016. Es ist uns wichtig darauf hinzuweisen, dass sich Begriffe 'Zuwandernde', 'Migrant:innnen' oder 'Ausländer:innen' jeweils andere Gruppen umschreiben. Aufgrunddessen, dass der Begriff in der Fachwissenschaft und der amtlichen Statistik Verwendung findet und in der allgemeinen Öffentlichkeit hinreichend bekannt und verständlich ist, haben wir uns zur Nutzung dieses Begriffes entschieden. Auch uns ist die kritische Debatte zu diesem Begriff bewusst und möchten zur weiteren Information beispielhaft auf den Bericht "Gemeinsam die Einwanderungsgesellschaft gestalten" der Fachkommission der Bundesregierung zu den Rahmenbedingungen der Integrationsfähigkeit von 2021 verweisen (insb. S. 218-226; https://www.fachkommission-integrationsfaehigkeit.de/resource/blob/1786706/1880170/5a5d62f9636b87f10fd0e271ba326471/bericht-de-artikel-data.pdf?download=1). Der Anteil derjenigen, die nicht über die deutsche Staatsangehörigkeit verfügen, ist dementsprechend niedriger und betrug lediglich 14,7 %. Dies entspricht 54.626 Personen in Bochum. Betrachtet man näher aufgeschlüsselte Zahlen, beispielsweise nach den einzelnen Staatsangehörigkeiten, so ergibt sich folgendes Bild: Mit 10.059 Personen bilden Syrer:innen nach Türk:innen mit 8.769 die größte nicht-deutsche Gruppe von Staatsangehörigen. Auf dem dritten Platz liegen polnische Staatsangehörige, die mit 3.623 die größte Gruppe der EU-Ausländer:innen bilden.
Abbildung 1- Daten: Stadt Bochum: Bevölkerung mit
Migrationshintergrund in Bochum 2020 - Link
Auch über die Anzahl der Studierenden liegen öffentliche, von der amtlichen Statistik publizierte, Angaben vor. So waren im Wintersemester 2019/2020 59.297 Studierende an Bochumer Hochschulen eingeschrieben, davon alleine 43.153 an der Ruhr-Universität Bochum, die damit zu den größten deutschen Universitäten zählt. Von diesen knapp 43.000 Studierenden hatten 6.547 eine nicht-deutsche Staatsangehörigkeit, womit sie ca. 15,2% unter allen Studierenden der Ruhr-Universität ausmachen. 2
Abbildung 2- Daten: Stadt Bochum: Statistik und
Wirkungscontrolling: Studierende an Bochumer
Hochschulen (Zeitreihe). Datenquelle: Landesbetrieb
Information und Technik Nordrhein-Westfalen.
Zuletzt aktualisiert am 05.02.2020 - Link
Damit sind zwar grundlegende Eckdaten zur Migration in Bochum bekannt, jedoch stößt man mit einer Annäherung an das Problem, die sich rein über quantifizierte Angaben der amtlichen Statistik dem Phänomen nähert, schnell an Grenzen. So lassen sich zum Beispiel keine Angaben über die Staatsangehörigkeiten der ausländischen Studierenden an der Ruhr-Universität ermitteln. Ebenso fehlen öffentliche Angaben zur Anzahl der Studierenden, die seit dem Jahr 2015 als Asylbewerber:innen nach Deutschland gekommen sind, beziehungsweise grundsätzliche Angaben über den aufenthaltsrechtlichen Status der Studierenden.
Bemerkenswerterweise fehlen zudem amtliche Statistiken zu den verschiedenen Sprachkenntnisse der Zugewanderten. Im Rahmen unserer Recherche konnten wir lediglich eine vom ‘Forschungszentrum Asyl, Migration, Integration’ des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) durchgeführte Untersuchung aus dem Jahr 2017 finden, die sich auf Verwaltungsdaten stützt. Die Diversität der (Flucht-)Migration nach Deutschland zeigt sich hier zunächst einmal in der Tatsache, dass die Antragstellenden beim BAMF über 200 verschiedene Muttersprachen sprechen. Darunter ist Arabisch mit 47,4% die größte. Es folgen Persisch (17,6%), Kurdisch (6,1%), Tigrinisch und Englisch (beide 2,9%). Vergleicht man die Muttersprachen der Antragstellenden mit den Amtssprachen der Herkunftsstaaten, so zeigen sich bei den meisten Staaten große Kohärenzen. Die zwei großen Ausnahmen hier sind der Irak und Russland, bei denen eine überproportional große Anzahl Sprachen nationaler Minderheiten (beispielsweise Kurdisch oder Tschetschenisch) spricht. Eine weitere Leerstelle findet sich bei der Evaluation von Fremdsprachenkenntnissen der seit 2015 in Deutschland Schutzsuchenden. Hierzu ließen sich keine öffentlichen Daten finden.





Abbildung 3- Quelle: Neske, Matthias: Volljährige Asylantragsteller in
Deutschland im Jahr 2016. Sozialstruktur, Qualifikationsniveau und
Berufstätigkeit, Nürnberg 2017 (Kurzanalysen des Forschungszentrums
Migration, Integration und Asyl des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, 2).
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