Vertrauen


Was behindert momentan eine funktionierende Vernetzung und Zusammenarbeit zwischen den Initiativen und der Stadt? Wir haben mit drei Akteur*innen gesprochen und ihre Äußerungen in Schlagworten festgehalten:


Abb. 5 Arena des Vertrauens, Basis: Datasprints, Interviews, ethnografische Feldforschung


2019

Von allen unseren FE als wichtiges Jahr beschrieben:
(1) Die Fridays for Future (FFF)-Bewegung zeigt, dass die Zivilbevölkerung Dinge bewegen kann.
(2) In Bochum wird nicht zuletzt als Reaktion auf FFF der Klimanotstand ausgerufen.
(3) Einer der Fallexperten beschreibt 2019 mit diesen Wirkungen als gutes Jahr für seine geistige Gesundheit, weil er mit seinen Anliegen endlich Gehör fand und berücksichtigt wurde.

Ressourcen

Menschen in Initiativen sind oft ehrenamtlich tätig, daher sind Zeit und Energie bei ihnen knappe Ressourcen. Dafür ist die Motivation hoch, weil sie sich freiwillig für ihr Engagement entschieden haben und ihnen die Sache am Herzen liegt. Die Menschen in der Kommunalverwaltung betätigen sich hauptamtlich, also in erster Linie, um Geld zu verdienen. Zeit für Nachhaltigkeitsprojekte kann zum Beispiel über Budgetierung beschafft werden, mehr Arbeitskraft wäre theoretisch über Neueinstellungen verfügbar. Die Bereitschaft, sich im Job aktiv für Ressourcenschonung zu engagieren, dürfte aber davon abhängen, wie die Arbeitnehmerschaft persönlich eingestellt ist.

Kommunikation

Das Handeln der Kommunalverwaltung erscheint den ehrenamtlich Aktiven mitunter nicht nachvollziehbar. Die Interaktion und Kommunikation seitens der Stadt hin zu den Initiativen wurden in Teilen als mangelhaft betrachtet. Als konkretes Beispiel dafür führte ein Fallexperte die ‚Allianz für Wohnen‘ an. Die Interaktion wurde hier so wahrgenommen, dass zunächst eine relativ offene Einladung an die Initiativen erfolgte, sich zu beteiligen und anschließend Interessierte vom Projekt explizit ausgeschlossen wurden. Das habe auch bei anderen Initiativen und Verbänden für Unmut gesorgt.

Wirkmacht

Die Verwaltung ist mit offizieller Entscheidungsmacht ausgestattet. Wie Fridays for Future 2019 aber belegt, entfalten auch Initiativen und Bewegungen konkrete Effekte, die etwas verändern können, wie zum Beispiel die Einführung einer Stabsstelle Klimaschutz mit 5 Arbeitsstellen. Die Menschen aus den Initiativen haben aber Zweifel, was diese neue Stabsstelle bewirken kann.

Willen

In Teilen wird von Menschen in den Initiativen bezweifelt, dass die Agierenden in der Kommunalverwaltung tatsächlich den Willen haben, neue Wege zu beschreiten und die Stadt tatsächlich grundsätzlich auf die Schonung von Ressourcen auszurichten (siehe auch Ressourcen und Token-Beteiligung)

Mut

Unsere Gesprächspartner*innen wünschten sich insgesamt mehr Mut. Mut beim Umsetzen von Ressourcenschonung in Bochum. Mut, Dinge auszuprobieren und die altbekannten Wege zu verlassen.

Token-Beteiligung

Eine Einbindung der Initiativen erfolgt nur pro forma, weil eine Beteiligung rechtlich vorgeschrieben ist. Der Input der Betroffenen wird aber bei der Entscheidung nicht berücksichtigt. Die Token-Beteiligung steht für einige Initiativen in einem Zusammenhang mit Greenwashing.

Ziele

Es existieren sehr verschiedene Vorstellungen und Ziele in Bezug auf Nachhaltigkeit. Je nachdem, welchen Ressourcen eine hohe Priorität eingeräumt wird, werden Ziele durch verschiedene Modelle dargestellt. Zum Beispiel wurden in den Datasprints die 17 SDG, planetarisch Leitplanken und das 3-Säulen-Modell angesprochen. Die unterschiedlichen Positionen zeigen sich auch im Sprachgebrauch. Der Begriff Klimagerechtigkeit setzt einen Fokus auf den globalen Süden, während Klimafolgenanpassung im konkreten Gespräch Maßnahmen in den Blick rückte, die das Leben mit den Folgen der Klimakrise in Bochum erträglicher machen sollen.

Greenwashing

Unter den Initiativen besteht in Teilen die Befürchtung, nur als Mittel zum Zweck benutzt zu werden, um nicht nachhaltige Projekte umweltverträglicher erscheinen zu lassen. Der Name der Initiative soll danach das Vorhaben in der öffentlichen Meinung „grüner“ machen. Diese Wahrnehmung erschwert es, der Verwaltung einen Vertrauensvorschuss zu gewähren..

Das Vertrauen in die Kommunalverwaltung ist eine wichtige Komponente für eine funktionierende Zusammenarbeit seitens der Initiativen. Die Wahrnehmung der Aktionen in der Vergangenheit scheint ein Faktor für die Bereitschaft zu zukünftiger Kooperation zu sein. Insofern ist die Interaktion von heute der Grundstein für die Interaktion in der Zukunft. Handeln hat Konsequenzen, zumindest in den Köpfen der Beteiligten.

Bemerkenswert ist, dass auch beim Gründungstreffen des Nachhaltigkeitsbündnisses unterschiedliche Zielkonzeptionen und Perspektiven vertreten wurden. Dort behinderten sie jedoch nicht den Dialog. Aus unserer Sicht war das Treffen geprägt von einer wohlwollenden und konstruktiven Grundstimmung. Es schien, als sei die Frage, wie eine Kooperation zur besseren Vernetzung von Ideen, Ressourcen und Reichweite organisiert werden kann, der vorrangige Verhandlungsgegenstand.